Die Hethiter und ihr Reich zur Zeit Ramses II


Als Ramses II den ägyptischen Thron bestieg, herrschte König Muwatalli II von Hatti über ein Reich, das sich im Laufe seiner wechselhaften Geschichte zu einem der Supermächte der damaligen Zeit entwickelt hatte.



Woher kamen die Hethiter?

Bei den Hethitern handelt es sich -neben den Palaern und Luwiern- um die dritte große indogermanische Volksgruppe, die im Laufe des 3. Jahrtausends v. Chr. nach Kleinasien einwanderten und sich im zentralanatolischen Hochland (Kappadokien) niederließen, das bereits von dem Volk von Hatti besiedelt war und nach dem sich die Hethiter und ihr Reich benannten.
Von den anfänglichen Machtkämpfen zwischen den Einheimischen und den Einwanderern erzählen die ersten in althethitisch abgefassten Dokumente, die Annalen der Könige, z.B. der Anitta-Text, eine Abschrift des von König Anitta von Kuschschara verfassten Berichtes über seine Feldzüge, die ihn u.a. nach Hattuscha führten, das zur damaligen Zeit Sitz einer altassyrischen Handelskolonie war und später zur Hauptstadt des hethitischen Großreiches werden sollte.
Zu Hattuscha, seiner Geschichte und den Ausgrabungen existiert die sehr empfehlenswerte Seite www.hattuscha.de !
Dort findet man ebenfall weiterführende Links zu Webseiten, die sich mit den Hethitern, ihrer Geschichte und Kultur befassen.




Die Anfänge des Großreiches

Nachdem die Hethiter ihre Stellung und Macht im Kernland ihres Staates gefestigt hatten, ging man daran, dessen Grenzen zu erweitern.
Erste (belegbare) Feldzüge fanden unter Hattusili I (ca. 1565-40 v. Chr.) statt, die ihn bis nach Nordsyrien und Mesopotamien führten.
Seinem Nachfolger und Enkel Mursili I (1540-30 v. Chr.) gelang es schließlich, Aleppo einzunehmen und Babylon zu zerstören, wo er der Herrschaft der Hammurabi-Dynastie ein Ende setzte.
Die Ermordung Mursilis durch seinen Schwager Hantili ist der Beginn dynastischer Streitigkeiten, die die Stabilität des hethischen Reich später enorm ins Wanken bringen sollten und so einen nicht unerheblichen Teil zu dessen Untergang beitrugen.
Die nach dem Tod Mursilis folgenden Jahrzehnte sind gekennzeichnet von schweren Unruhen, die das Land in eine schwere Krise stürzten: u.a. verlor man alle neu hinzugewonnenen Gebiete, z.B. den Zugang zum Schwarzen Meer an die nördlich von Hattuscha ansässigen Kaskäer, die immer wieder das Land Hatti mit Raubzügen und Überfällen plagten.
Erst gegen 1500 v. Chr. unter der Herrschaft des Königs Telibinu kehrte wieder Ruhe ein: die hethitsche Verfassung wurde endlich schriftlich fixiert und Maßnahmen (Erlasse und Gesetze) zum Schutz des Königtums ergriffen.

Aber erst unter dem großen Suppiluliuma I (1355-20 v.Chr.) sollte die Schaffung des Großreiches beginnen, das auf dem Höhepunkt seiner Macht zu den damaligen Weltmächten gehörte.
Der Angriff Suppiluliumas auf das Mitanni-Reich hatte zur Folge, daß sich widerstandslos alle von Mitanni abhängigen nordsyrischen Staaten (bis auf Karkemisch), Ugarit, Amurru und Kinza dem hethitischen Reich angliedern ließen. Am Ende seiner Regentschaft gelang es Suppiluliuma schließlich auch Karkemisch und Mitanni zu unterwerfen.
Die Untätigkeit des ägyptischen Pharaos Echnaton, ein Zeitgenosse Suppiluliumas, begünstigte die hethitsche Expansionspolitik wesentlich: Teile der von Hatti einverleibten Gebiete waren einst unter Thutmosis III (um 1445 v. Chr.) erobert worden und gingen nun für das ägyptische Reich verloren.
Einer der hethitschen Thronanwärter, den Suppiluliuma auf eine Bitte einer ägyptischen Königswitwe hin (wahrscheinlich Anchesenamun, die GKG Tutanchamuns) nach Ägypten schickte, damit diese ihn zum Gemahl nehmen könne, wurde beseitigt.
Möglicherweise sind die Täter unter den hochrangigsten Stattsdienern Ägyptens zu suchen, die keinesfalls zulassen wollten, daß ein Hethiter den ägyptischen Thron bestieg und so das Ende der Geschichte des ägyptischen Reiches einläuten würde.

Suppiluliuma stirbt an einer aus Syrien eingeschleppten Krankheit, der Beulenpest, die laut den Pestgebeten Mursilis II mehr als zwanzig Jahre nicht nur das hethitsche Reich, sondern auch Ägypten heimsuchte und der ebenso Suppiluliumas ältester Sohn und Nachfolger Arnuwanda II, der nur zwei kurze Jahre lang regierte, zum Opfer fiel.
Ihm folgte sein Bruder Mursili II, dessen Annalen bzw. Memoiren den Höhepunkt der hethitischen Geschichtsschreibung markieren. Er erweiterte das Reich nach Norden und Westen (Kaskäer-Gebiete und westl. Kleinasien).
In seine Regierungszeit fällt der Beginn der 19. Dynastie: Ramses I, Großvater Ramses II und Begründer der 19. Dynastie, wird zum Pharao Ägyptens gekrönt.

Beide Herrscher, Ramses I und Mursili, sterben gegen 1290 v.Chr. und ihnen folgen ihre ältesten Söhne, Sethos I und Muwatalli II.



Muwatalli

Muwatalli II sollte eine lange Regierungszeit (über zwei Jahrzehnte) beschieden sein: er ist der Hethiterkönig, unter dem die Streitgkeiten mit Ägypten um die Vorherrschaft in Syrien seinen Höhepunkt fanden. Er traf nicht nur Sethos I im Kampf um die Stadt Kadesch, sondern auch einige Jahre später dessen Sohn und Nachfolger Ramses II.


Siegel des Großkönigs Muwatalli

Während der Regentschaft Muwatallis kam es erneut zu Überfällen der Kaskäer auf hethitsches Gebiet, die außerdem die wichtigen Handelsrouten von Anatolien nach Obermesopotamien bedrohten, was zur Folge hatte, daß Muwatalli seine Residenz von Hattuscha nach Tarhuntascha verlegen ließ: diese Stadt konnte bislang noch nicht genau lokalisiert werden, das Land Tarhuntascha reichte jedoch bis zur kilikischen Küste, also außerhalb des kaskäischen Einflußgebietes.
Die Aufgabe von Hattuscha als Hauptstadt ist sicherlich auch der Grund dafür, weshalb aus der Zeit Muwatallis so wenige Schriftstücke überliefert sind; ein Großteil wird sich sicherlich in den Archiven der neuen Hauptstadt befunden haben.
Ebenso verschollen sind seine Memoiren, die die hethitischen Könige üblicherweise verfassten und die uns Aufschluß über den Charakter und die Persönlichkeit Muwatallis, der in den Annalen seines jüngeren Bruders Hattusili (den späteren Hattusili III) als gutmütig und nachgiebig charakterisiert wird, Aufschluß geben könnten. Auch seine Sichtweise zu den Ereignissen der Schlacht von Kadesch würde neue Ansatzmöglichkeiten zu deren Analyse eröffnen.


ägyptische Darstellung des wohlgenährten Muwatalli II auf seinem Streitwagen

Das Ende der Regierungszeit Muwatallis ist gekennzeichnet von einer neuen Bedrohung des hethitschen Reiches:
während die Kaskäer durch einige erfolgreiche Feldzüge unter der Leitung Hattusilis, der augenscheinlich hinter seinem Bruder, dem König, der als oberster Truppenkommandant der mächtigste Mann im Staat war, in ihre Schranken verwiesen wurden, hatten die Assyrer am Euphratgebiet ihren Einflußbereich ausgedehnt und bedohten nun die östlichen Grenzen des hethitischen Großreiches.
Auch die stetigen Scharmützel mit den Ägyptern in Syrien kosteten die Hethiter Kraft und verschwendeten wertvolle Reserven, die für die Abwehr des immer mächtiger werdenden assyrischen Reiches eigentlich von Nöten gewesen wären. In dieser Zeit sah sich Hatti also an drei Fronten bedroht: die Kaskäer im Norden, die Assyrer im Osten und die Ägypter im Süden.

Als Muwatalli starb (ungefähr im neunten Jahr der Regierung Ramses II) hinterließ er keinen legitimen Erben; er hatte nur einen einzigen Sohn namens Urhi-Teschup, dem Sohn einer seiner Konkubinen, der mit einigem Widerstand, jedoch mit Unterstützung seines Onkels Hattusili als Mursili III den hethitischen Thron bestieg.
Während seiner Regierung wurde die Hauptstadt wieder nach Hattuscha zurückverlegt und der von seinem Vater verbannte König Benteschina von Amurru wurde wieder in sein Amt eingesetzt.


Siegel von Mursili

Nach einer Regierungszeit von ca. sieben-acht Jahren wurde Mursili jedoch von seinem Onkel Hattusili abgesetzt, der die ganze Aktion jedoch als 'eine von den Göttern entschiedene Rechtssache' darstellte, eine Behauptung, die nicht nur der Rechtfertigung dieses Hochverrats am regierenden Großkönig gegenüber den Göttern dienen, sondern auch die Parteigänger Mursilis am hethitischen Hof und die Oberhäupter der Reiche, zu denen man diplomatische Beziehungen unterhielt, beschwichtigen sollte.
Diese Tatsache ist um so erstaunlicher, da es doch Hattusili selber war, der Mursili bei der Durchsetzung seiner Regierungsgewalt zur Seite stand:

'Als aber mein Bruder (Muwatalli) Gott geworden war (=gestorben war), tat ich in Anbetracht der Wertschätzung meines Bruders nichts Böses. Da mein Bruder keinen legitimen Erben hatte, nahm ich den Urhi-Teschup, den Sohn einer Haremsfrau und setzte ihm im Lande Hatti zur Herrschaft ein. Ganz Hattuscha legte ich ihm in die Hand und er war Großkönig in den Ländern von Hatti.'

Mursili jedoch schaffte es, sich Hattusili zum Feind zu machen: er beschnitt dessen große Machtbefugnisse und nahm ihm einen großen Teil der Ländereien weg, die ihm unterstellt waren.
Nach seiner Absetzung wurde Mursili 'von der Göttin Ischtar' in die Stadt Samuha 'wie ein Schwein in einen Kofen' eingesperrt und sein Schicksal Hattusili überantwortet, der ihm trotz des Angebots der Einwohner von Samuha, die Musili hinrichten wollten, gnädigst das Leben schenkte, was den Beginn einer Odyssee markierte, die Mursili quer durch den östlichen Mittelmeerraum und schließlich auch an den ägyptischen Königshof führte, wo er um politisches Asyl bat.


Hattusili

Hattusili, der Onkel seines Vorgängers Mursili, war ein sogenannter Self-made-man.
Als Kind schwach und kränklich und mit dem Rang eines 'Eselshalters' bedacht, einer der untersten militärischen Ränge in der hethitischen Armee, wurde er später, wohl auf eigenen Wunsch, aber auch dank der Unterstützung seines älteren Bruders Muwatalli als Priester in den Tempel der Ischtar von Samuha aufgenommen, die er wohl als seine persönliche Schutzgöttin betrachtete.
Nach dem Tod seines Vaters begann jedoch Hattusilis eigentliche Karriere: von seinem Bruder zum 'Herrn der Provinz Oberes Land' bestellt, hat er eines der wichtigen administrativen Ämter im hethitischen Reich inne. Jedoch kaum mit einer gewissen Machtbefugnis ausgestattet begann er zu intrigieren: die Anklage wegen Hochverrat gegen ihn musste jedoch fallengelassen werden, da Hattusili seine Gegner wiederum verschiedener Verbrechen bezichtigte und diese sich einem Gottesurteil unterwerfen mussten, dessen Ausgang er als Priester jedoch sehr wohl in der Hand hatte.


Nach dem Relief von Firaktin:
Großkönig Hattusili (rechts) bringt ein Trankopfer dar

Hattusilis Aufstieg war damit aber nicht beendet: er stieg weiter auf zum Chef der königlichen Garde und zum Truppenkommandant und erwies sich als kompetenter militärischer Führer.
In dieser Funktion nahm er selbstverständlich auch an der Schlacht von Kadesch teil:

'Als es aber geschah, daß mein Bruder gegen das Land Ägypten zog, da führte ich die Fußtruppen und Wagenkämpfer jener Länder, welche ich wieder besiedelt hatte, hnab zu meinem Bruder zum Feldzug gegen Ägypten. Und welche Fußtruppen und Wagenkämpfer von Hatti schon aus der Zeit vor meinem Bruder mir unterstellt waren, die befehligte ich ebenfalls.'

Danach begab sich Hattusili in die Stadt Lawazantija im Land Kizzuwatna, um seiner Schutzgöttin Ischtar zu huldigen, wo er Puduchepa, die Tochter des hurritischen Priesters Pentipscharri kennenlernte und heiratete. Dabei handelte es sich -Hattusilis Memoiren zufolge- nicht um eine Ehe, die aus politischem Kalkül heraus geschlossen wurde, sondern tatsächlich um eine Liebesheirat:

'Da nahm ich Puduchepa, die Tochter des Priesters Pentipscharri, auf Geheiß der Gottheit zur Frau. Und wir hielten zusammen, die Gottheit gab uns die Liebe des Gatten und der Gattin und wir bekamen Söhne und Töchter.'

Nachdem er seinen Neffen Mursili von hethitischen Hof verbannt und sich selber als Großkönig eingesetzt hatte (im 16. Regierungsjahr Ramses II), nahm Hattusili als erstes Kontakt zu den Herrschern der Nachbarstaaten des hethitischen Reiches auf, um für sich zu werben und um deren Anerkennung zu heischen.


Siegel von Hattusili

Trotzdem befanden sich Ägypter und Hethiter zwei Jahre später am Rande eines Krieges, als der vor Hattusili flüchtende Mursili am ägyptischen Hof Zuflucht suchte.
Da Ramses die Auslieferung Mursilis nach Hatti verweigerte, mobilisierte Hattusili seine Armee. Auch Ramses hatte bereits ein Truppenkontigent nach Norden entsandt: seine Aktivitäten sind durch eine Stele in Beth-Schan belegt.
Eine militärische Auseinandersetzung mit einem starken Gegner wie Ägypten konnte sich der hethitische König zu diesem Zeitpunkt keinesfalls leisten: er sah die Ostgrenzen seines Reiches durch die aggressive Expansionspolitik der Assyrer bedroht, denen es im selben Jahr gelungen war, den Staat Hanigalbat (die Reste des ehemaligen Mitannireiches) -also einen Teil des hethitischen Staatenbundes- zu erobern.
So sah sich Hatti nun -im zweiten Regierungsjahr Hattusilis bzw. im 18. Regierungsjahr Ramses II- nicht nur im Norden von den immer wieder aufmüpfigen Kaskäern und im Osten von den Assyrern bedrängt, sondern im Süden auch noch durch die Ägypter.
Hattusili war also gezwungen mit einem seiner beiden Hauptgegner -Assyrer und Ägypter- Frieden zu schließen und sich mit diesem zu verbrüdern.
Die Erfahrung mit den Assyrern, die jegliche Freundschaftsgesuche seiner Vorgänger mit abweisenden und arroganten Floskeln im Keim erstickt hatten, bewegte Hattusili, sich an Ramses II zu wenden, wohl hoffend, die alte Freundschaft zwischen dem ägyptischen und hethitischen Reich wieder aufleben zu lassen:

'Dann sandte der große Herrscher von Hatti Botschaften, die Seine Majestät beruhigten, seine Macht verherrlichten, seine Siege priesen, in dem er sagte: Laß Deine Feindschaft beiseite, laß ab von Deinem Groll! ' (so Ramses II).

Ein reger Briefwechsel zwischen beiden Höfen und der Austausch von kostbaren Geschenken führte schließlich am 21. Tag des ersten Monats des Winters im 21. Regierungsjahr Ramses II zu dem berühmten Friedensvertrag, der erste schriftlich fixierte überhaupt in der Geschichte der Menschheit.
Für den genauen Wortlaut des Vertrages bitte HIER klicken!

13 Jahre später wurde diese Allianz mit der Hochzeit Ramses II und einer Tochter Hattusilis, die unter dem ägyptischen Namen Maarhorneferure bekannt worden ist, besiegelt.




die hethitische Prinzessin (links) und ihr Vater Hattusili (rechts)
nach der Hochzeitsstele von Abu Simbel


Interessant ist die auch nach diesem Ereignis fortgesetzte Korrespondenz zwischen den beiden Königsfamilien. Für uns eher formelhaft abgefasste Briefe voller Floskeln, stellen diese jedoch ein typisches Beispiel der damals üblichen diplomatischen Etikette dar.
Nicht nur der König, sondern auch seine Gemahlin Puduchepa sendeten höfliche Anfragen nach Gesundheit und Wohlbefinden des ägyptischen Königspaares; ja sogar die Kronprinzen beider Länder pflegten sich auszutauschen.
Erhalten sind zahlreiche Briefe von Hattusili, Puduchepa, Ramses II, Nefertari und auch der Mutter Ramses II, Tuja. Als Beispiel sei folgender zitiert:

'So spricht Nefertari, die Großkönigin des Landes Ägypten zu Puduchepa, der Großkönigin des Landes Hatti: Mir, Deiner Schwester, geht es gut und meinem Land geht es gut. Dir, meiner Schwester, möge es gut gehen und Deinem Land möge es gut gehen. Ich habe nun vernommen, daß Du, meine Schwester, mir geschrieben hast, um Dich nach meinem Befinden zu erkundigen und daß Du mir schreibst wegen des Verhältnisses des schönen Friedens und der guten Bruderschaft, in dem sich der Großkönig, der König des Landes Ägypten, mit dem Großkönig, dem König des Landes Hatti, befindet. Der Sonnengott und der Wettergott werden Dein Haupt erheben und der Sonnengott wird den Frieden gedeihen lassen. Er wird die gute Bruderschaft des Großkönigs, des Königs des Landes Ägypten, mit dem Großkönig, dem König des Landes Hatti, auf ewig erhalten. Auch ich bin in Frieden und mit Dir verbunden, meiner Schwester, ich ebenso.'


Figur des hethitischen Wettergottes

Es gibt aber auch Briefe, in denen ein ganz anderer Ton angeschlagen wird.
Ein Briefwechsel Ramses II mit Puduchepa spricht da Bände. Die hethitische Königin befürchtete offenbar, daß ihre Tochter, die mit Ramses II vermählt worden war, ihre Tage in der Einsamkeit und Abgeschiedenheit eines ägyptischen Harems fristen musste und ihr keinerlei Kontakt zu den Abgesandten des hethitischen Hofes erlaubt war, die ihr Briefe und Geschenke ihrer Familie überbringen sollten:

'Die Tochter des Landes Babylon, die sich im Lande Ägypten aufhält, die erlebt nur Gefühlskälte und kein Augenpaar darf sie ansehen. Mit ihr hat nie ein Gesandter sprechen dürfen!'

Ramses II versuchte nun seine Schwiegermutter zu beschwichtigen:

'Dieser Fall ist nicht so! Die Gesandten, die man herzuschicken pflegt, dürfen ihr auch gegenübertreten! Darüber hinaus dürfen sie regelmäßig mit der Tochter sprechen! Die Gesandten pflegten vor der Tochter Brot zu essen und ihr Wasser zu trinken. Warum hast Du nur auf diese Verleumdungen gehört und warum hast Du sie für zuverlässig gehalten?'


Nach dem Relief von Firaktin:
Königin Puduchepa (rechts) bringt ein Trankopfer dar

Andere Briefe wiederum beinhalten Anfragen des Hethiterkönigs nach ägyptischen Ärzten und Medikamenten, von denen er gehört habe, daß sie wahre Wunder vollbringen würden. Hattusili litt an 'Brennenden Füßen', anscheinend auch an einer Augenkrankeit, die offenbar von einheimischen Ärzten nicht zufriedenstellend behandelt werden konnte. Ebenso wandte er sich an den Pharao in einer ganz intimen familiären Angelegenheit: er erbat sich einen Gynäkologen und Arznei gegen Unfruchtbarkeit für seine nicht mehr ganz junge Schwester Matanazi.
Ramses' unverblümte Antwort lautete so:

'So sprich zu meinem Bruder: Was mir mein Bruder geschrieben hat wegen Matanazi, seiner Schwester, wie folgt: Mein Bruder möge mir einen Mann senden, um eine Medizin für sie zu bereiten um sie gebären zu lassen - so hat mir mein Bruder geschrieben. So sage ich darauf zu meinem Bruder: Nun, siehe, was die Matanazi betrifft, die Schwester meines Bruders, der König, Dein Bruder (d.h. Ramses) kennt sie. Eine Fünfzigjährige oder sogar Sechzigjährige ist sie! Und siehe, eine Frau, die fünfzig oder die sechzig Jahre alt ist, für die kann man keine Medizin bereiten, um sie noch gebären zu lassen. Aber dennoch: Der Sonnengott und der Wettergott mögen einen Befehl geben, denn die magische Heilbehandlung, die sie bewirken werden, wurde auch früher schon für die Schwester meines Bruders bewirkt. Und ich, der König, Dein Bruderm werde einen fähigen Beschwörungspriester senden und einen fähigen Arzt und sie werden für sie eine Arznei für ihr Gebären bereiten.'


Das Schicksal der Hethiter

Als Hattusili im 46. Regierungsjahr Ramses II stirbt, wird sein Sohn Tudhalija IV König von Hatti.
Er ist der Schöpfer des berühmten Heiligtums von Yazilikaya 1,5 km nordöstlich von Hattuscha, dessen Anlage mit seinen wunderschönen Reliefs und über 90 Darstellungen verschiedenster Götter, Tiere und Fabelwesen auffällige Unterschiede zu anderen bekannten hethitischen Heiligtümern aufweisen.
Auch bemüht sich Tudhalija um die Einheit seines zerfallenden Reiches und seiner Sippe - jedoch erfolglos.
Wärend einer Hungersnot unter seinem Sohn und Nachfolger Arnuwanda III liefert Merenptah gemäß des Vertrages, der einst zwischen seinem Vater Ramses II und Hattusili geschlossen wurde, enorme Mengen an Getreide nach Hatti.
Weitere Interaktionen beider Reiche sind danach nicht mehr belegbar.

Zu Beginn des 12. Jahrhunderts zerbricht das Großreich, die Hauptstadt Hattuscha wird wahrscheinlich im Zuge der Seevölkerbewegung zerstört, neue Königreiche entstehen, die jedoch von der hethitischen Kultur, Religion und Sprache sehr stark geprägt sind, die aber im achten Jahrhundert von den Assyrern erobert werden, die nun in das ehemalige Kerngebiet des hethitischen Reiches vorstoßen.



König Tudhalija wird von seinem Schutzgott umarmt
Relief in Yazilikaya


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