Der Totentempel: Das Ramesseum - Teil 1


Da der Artikel über das Ramesseum schon aufgrund meines Bildmaterials umfangreicher wurde als geplant und um die dadurch entstehenden Ladezeiten etwas erträglicher zu machen, gibt es hierzu zwei Seiten.
Auf der ersten behandele ich die den eigentlichen Tempelräumen vorgelagerten Gebäude, auf der zweiten das Hypostyl mit den sich anschließenden Räumlichkeiten, den interessanten Doppeltempel an der Nordwand des Hypostyls und die Tempelmagazine.




Hier finden Sie eine detaillierte Karte von Theben-West
und
die Grundrisse des Tempelareals sowie des Tempelgebäudes !

Der Totentempel Ramses II befindet sich auf dem thebanischen Westufer, gegenüber dem heutigen Luxor, zwischen dem Totentempel Amenophis II im Norden und dem Thutmosis IV im Süden.


Der Tempelbezirk sollte ursprünglich eine Fläche von etwa 189 m ostwestlicher Länge x 178 m nordsüdlicher Breite (360 Ellen x 338 Ellen) einnehmen, die von einer 3,15 m (6 Ellen) starken Mauer eingefasst war, wurde jedoch später um 80 m nach Westen und 210 m nach Osten erweitert. Parallel zu den Umfassungsmauern im Norden, Süden und Westen verliefen 15 m breite Prozessionsalleen, die von Sphingen flankiert wurden.
Der Bau wurde schon kurz nach der Bestattung Sethos I begonnen -während seines Aufenthaltes in Theben im Anschluß an die Beisetzungsfeierlichkeiten vollzog Ramses die notwendigen Gründungszeremonien- und wahrscheinlich vor seinem ersten Heb-Sed vollendet.
Der vollständige Name des Tempels lautete:


Haus der Millionen Jahre von Usermaatre Setepenre
- vereinigt mit Theben in der Domäne des Amun



Die Tempelgebäude

Der erste Pylon

Den Zugang zum Tempelbezirk bildete damals ein 68,25 m langer und 26,25 m hoher Pylon aus Sandstein -ein Novum: die Pylone älterer Totentempel bestanden aus ungebrannten Schlammziegeln-, dessen Außenseite durch einen Erdrutsch größtenteils zerstört wurde.
Der Tordurchgang, einst mit kostbarem Alabaster verkleidet, ist heute zugemauert, um dem Bauwerk die notwendige Stabilität zu erhalten.
Die Dekoration der Pyloninnenseite zeigt Szenen der Kadeschschlacht Ramses II gegen die Hethiter.


Der erste Pylon

Der erste Hof

Der erste Hof, von dem wir heute nur noch erahnen können, wie er ausgesehen haben mag, besaß einst einen Umgang von elf Osirispfeilern im Norden, während seine Südseite von einer Doppelreihe Säulen geschmückt war, die den Portikus zu dem sich außerhalb des Hofes befindlichen Königspalast bildeten.

Der Königspalast -aus Ziegeln erbaut- besaß zwei zum ersten Hof führende Tore und ein Erscheinungsfenster dazwischen, das wiederum von einem sechzehnsäuligen Empfangssaal und einem dahinter angeschlossenen viersäuligen Thronsaal zum Hof wies.
Die Säulenbasen und das Thronpodest beider Säle sind erhalten.
Der Grundriß des Palastes gleicht haargenau der Anlage im Totentempel Sethos I.

Vom ersten Hof führt eine Rampe hinauf zum zweiten Pylon.
Links dieser Rampe stand einst der fast 20 m hohe Koloß Ramses II-Sonne der Fremdherrscher aus feinem Granit aus Aswan, während rechts davon sich eine ebenso große Statue der Mutter des Pharaos, Tuja, befunden haben soll.


Blick auf die Überreste des Kolosses Ramses II-Sonne der Fremdherrscher
links die nördliche Mauer des zweiten Pylons und die Osirispfeiler des zweiten Hofes
im Hintergrund der erste Pylon

Der zweite Pylon

Von dem zweiten Pylon ist heute nur noch der nördliche Teil erhalten.
Seine zum zweiten Hof zeigende Seite war in den unteren Registern mit Szenen der Kadeschschlacht geschmückt, darüber Darstellungen des Minfestes, das seit der Frühzeit nachweisbar ist, aber erst hier ausführlicher beschrieben wird.
Es handelt sich hierbei wohl um ein mehrtägiges (?) Erntefest, dessen Ablauf im Wandel der Zeit -soweit rekonstruierbar- mehrfach verändert wurde und das am Vorabend des Neumondes im ersten Monat der peret-Jahreszeit begonnen wurde, und bei dem Opfergaben (das Absicheln und Darbringen von Ährengarben) und Prozessionen, bei denen die Statuen der Ahnen (d.h. verstorbenen Könige Ägyptens) mitgeführt wurden, die Hauptzeremonien bildeten.
Im Ramesseum werden nicht nur die Könige des Neuen Reiches angeführt, sondern auch Mentuhotep, den Begründer der ersten thebanischen Dynastie und Menes als erster König des vereinigten Ober- und Unterägyptens.


Ramses beim Absicheln der Ähren


Die Ahnenprozession

Bei den dabei ablaufenden Riten spielte wohl auch die GKG eine gewichtige Rolle (als einziges weibliches Wesen!) und zwar die der sog. Gottessängerin oder Tänzerin mit Sistrum und Menit.
In diesem Kontext befindet sich auch das berühmte Relief der für Min tanzenden Nefertari.

Weitere Fragmente der Dekoration des Pylons lassen auf eine Abschrift des Friedensvertrages mit den Hethitern schließen.


Tanz der Nefertari





Blick auf den zweiten Hof vom heutigen Eingang aus
links Reste des zweiten Pylons und des Säulenumganges
rechts die Osirispfeiler des Vestbüls und den dahinter befindlichen Säulensaal

Der zweite Hof

Die Thematik der Dekoration des zweiten Hofes weicht in einigen Punkten von der des ersten Hofes ab.
Während diese der Abwehr der den Göttern und der Maat feindlichen Mächte und der Außenwelt diente, zeigen die Szenen des zweiten Hofes und der angeschlossenen Räumlichkeiten außerdem Darstellungen des Pharaos im Umgang mit den Göttern Thebens.


Blick auf die Säulen im Osten des zweiten Hofes

Der Hof war von Säulen mit geschlossenen Papyruskapitellen und jeweils einer Reihe von acht Osirispfeilern im Osten und Westen umgeben. Die drei Rampen/Treppen, die zum Vestibül führten, wurden ursprünglich von ca. 12-13 m großen Granitstatuen des Königs flankiert. Deren Fragmente befinden sich teilweise immer noch an Ort und Stelle.


Kopf einer Granitstatue, nach Süden blickend
im Hintergrund die nördliche Rampe

Neben der mittleren der drei zum Vestibül hinaufführenden Treppen befand sich der Junge Memnon, das Oberteil einer Granitstatue, die offenbar aufgrund eines Erdbebens Ende des 18.Jahrhunderts zerbrach und 1816/7 von Belzoni nach London geschafft wurde, wo sie heute im British Museum zu besichtigen ist. Die Größe dieses riesigen Fragmentes beträgt über 2,60 m.


Der Junge Memnon

Das Vestibül

Das Vestibül stellt den Abschluß des zweiten Hofes und den Eingang zum eigentlichen Tempelgebäude dar.
Dessen Front wurde von acht Osirispfeilern gebildet, hinter denen sich wiederum der Säulensaal, der in seiner Anlage der des großen Hypostyls von Karnak ähnelt, anschließt.
Die Pfeiler selbst sind mit unterschiedlichen Darstellungen Ramses II, der den verschiedensten Göttern -hauptsächlich den thebanischen- Opfergaben darbringt, geschmückt.


Die Osirispfeiler


Ramses mit Thot und Month


Ramses empfängt die Symbole des Sedfestes aus den Händen der thebanischen Triade