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Die Bauten
Kein anderer Pharao -außer vielleicht Amenophis III- gab so viele Bauten in Auftrag, stiftete so zahlreiche und gewaltige Statuen und Denkmäler wie Ramses II.
Oftmals -wahrscheinlich auch aus Kostengründen- übernahm er alte Standbilder und Gebäudeteile seiner Vorgänger, was ihm aus unserer heutigen Sicht der Dinge als Frevel, ja sogar Diebstahl, angelastet wird.
Eine von solchen Vorurteilen geprägte Haltung zeugt nicht gerade von einer guten Kenntnis der ägyptischen Sichtweise, man sollte sich bei der Betrachtung der Motive Ramses II für seine gigantische Bautätigkeit der ägyptischen Denkart öffnen, soweit sie überhaupt von uns nachvollziehbar ist.
Man gestatte mir an dieser Stelle einen kleinen Exkurs:
Der Pharao war Bewahrer der Maat und Verteidiger Ägyptens und nur ein kraftvoll und immer und überall präsenter Herrscher konnte die Ordnung im Inneren und Sicherheit des Landes nach außen garantieren und aufrecht erhalten.
Darstellungen des Pharaos (egal, ob es sich um Rundplastik oder Flachbild handelte) repräsentierten seine Macht und Stärke - ja, sie selbst waren zauberkräftig und machtgeladen und galten als belebte Abbilder des Königs.
Außerdem sicherte der Statuenkult und das damit verbundene Aussprechen des Namens das Fortleben des verstorbenen Königs im Jenseits.
Was die Usurpierung fremder Statuen, Reliefs und Architekturteile durch Ramses II angeht, was ihn ja schon fast berüchtigt gemacht hat, so ist dazu zu sagen, daß 1. er nicht der einzige Pharao war, der sich oft und gerne alte Denkmäler aneignete, sondern 2. die Motivation dafür sicherlich eine andere war, als die, die ihm heute unterstellt wird.
Einerseits spielten selbstverständlich auch Kosten- und Zeitgründe eine Rolle: es war billiger und weniger zeitaufwendig, eine alte Statue umzuarbeiten bzw. alte Kartuschen/Beischriften von Reliefs auszuradieren und neu überschreiben zu lassen, als alles komplett neu anfertigen zu lassen.
Viele der wieder verwendeten Standbilder z.B. waren auch gar nicht mehr in Gebrauch, sie verstaubten nutzlos in irgendwelchen Tempellager oder -magazinen, warum sollten sie also nicht wiederbelebt werden??
Außerdem galt die Restaurierung alter Denkmäler und Tempel als maatgerecht, warum sollte sich deren Retter nicht der Gunst der Götter versichern und seinen eigenen Namen dort verewigen?
Ein weitere Rolle mag die Legitimierung des Herrschaftsanspruches Ramses II gespielt haben: er war als Bürgerlicher geboren!
Auch andere Pharaonen haben durch die Wiederherstellung (Wiederverwendung) der Hinterlassenschaften alter Pharaonen ihren Anspruch auf den ägyptischen Thron gestärkt, in dem sie als pflichtbewusste Söhne (Horus) des verstorbenen Pharaos (Osiris) auftraten und dessen Werk vollendeten bzw. vor dem Verfall bewahrten.
Schon in Ramses' erstem Regierungsjahr wurde mit den meisten wichtigsten Bauprojekten begonnen.
Wahrscheinlich schon kurz nach dem Tode Sethos I und während der 70 Tage der Einbalsamierung erklärte Ramses den Sommerpalast seines Vaters, der bei der alten Hyksosstadt Auaris im östlichen Delta lag, zum Kern seiner neuen Hauptstadt Pi-Ramesse.
Danach begleitete die königliche Familie den mumifizierten Leichnam des Osiris Sethos auf seiner letzten Reise nach Theben, wo er in seinem Grab im Tal der Könige bestattet wurde.
Den Aufenthalt in Theben nutzte Ramses, um an dem kurz danach stattfindenden Opet-Fest teilzunehmen, aber auch um die Arbeiten am dem Totentempel seines Vaters in Qurna wieder aufnehmen zu lassen und die Fortschritte am Großen Säuensaal in Karnak zu überwachen.
Außerdem vollzog er die Gründungszeremonien für seinen eigenen Totentempel (wahrscheinlich auch für sein Grab im Tal der Könige) und beauftragte die Handwerker mit der Erweiterung des Luxortempels. Der Bau sollte einen neuen Pylon mit Obelisken und einen Vorhof erhalten.
Luxor
Am 23. Tag des dritten Monats der Überschwemmung (Oktober) verließ die königliche Familie Theben, Ziel war Pi-Ramesse, offensichtlich zu diesem Zeitpunkt schon Hauptstadt Ägyptens:
'Erstes Jahr der Regierung...Beginn der Reise, die Segel gesetzt, die königlichen Schiffe..., reisten nordwärts nach...Pi-Ramesse-a'a-nachtu...'
Ein kurzer Zwischenstopp in Abydos ermöglichte es Ramses, nicht nur die Arbeiten an seinem eigenen kleinen Tempel zu inspizieren, dessen Bau schon während der Regierungszeit seines Vaters begonnen wurde, sondern auch die brach liegende Bauruine des Sethostempels gründlich restaurieren zu lassen und dessen Vollendung voranzutreiben.
Aus dem zweiten Jahr stammt eine Stele aus Aswan bezüglich der dortigen Steinbrucharbeiten, die aber auch an die Erfolge Ramses gegen die Scherdenpiraten im Delta erinnert.
Der Bau des Tempels von Akscha (auf dem Westufer des Nils, ca. 25 km nördlich von Wadi Halfa, beim zweiten Katarakt), der schon unter Sethos I begonnen wurde, wurde zu dieser Zeit fortgeführt.
Die dort verehrte Hauptgottheit war -außer Amun und Re- niemand anderes als 'Ramses II, Usermaatre, der große Gott, der Herr von Nubien...'.
Außerdem ändert Ramses seinen Thronnamen Usermaatre und fügt ihm den Zusatz Setepenre an.
Die ersten Regierungsjahre Ramses II sind von hauptsächlich von dem Beginn seiner enormen Bauprojekte und von der Beschaffung der dafür nötigen Finanzen geprägt, so lässt Ramses in seinem dritten Jahr in der 'Wüste von Akuyati' nach Gold suchen und für die Minenarbeiter einen Brunnen bauen (4. Tag des ersten Monates des Winters).
Der Bericht darüber ist in der Form einer sog. 'Königsnovelle' verfasst, deren Schema folgendermaßen abläuft:
1.) Der König fasst einen Plan (möglicherweise durch eine göttl. Eingebung, einen Traum oder einen Orakelspruch motiviert): Ramses möchte einen Brunnen bauen, um sich die riesigen Goldvorräte in der östl. Wüste Nubiens zu erschließen
2.) Verkündet diesen und holt eventuell Ratschläge seiner Beamten ein: Die wenden ein, daß schon Sethos I dort erfolglos nach Wasser habe graben lassen und zwar über 120 Ellen (54m) tief, aber 'wenn Du zu Deinem Vater, dem Nilgott, sagen würdest: 'Laß Wasser von den Bergen fließen!', dann würde er alles so tun, wie Du es gesagt hast...'
3.) Realisierung des Vorhabens: Ramses' Arbeiter haben Erfolg: sie finden im Wadi Allaki nur 12 Ellen unter der Oberfläche Wasser!
4.) Lobpreisung durch die Beamtenschaft ob des guten Gelingens
Zu Ehren Ramses II wurde der Brunnen 'der Brunnen von Ramses, stark an Taten' genannt.
Kurz vorher waren die Bauten in Luxor beendet worden (am 10. Tag des vierten Monats der Überschwemmung) und die Dekoration wurde begonnen.
Man nimmt außerdem an, daß einige Jahre später -genauer gesagt zwischen Jahr 5 und 10- mit dem Bau von Abu Simbel begonnen wurde.
Abu Simbel wurde im Jahr 24 eingeweiht, obwohl es Hinweise darauf gibt, daß der Tempel zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig fertiggestellt war.
Weitere berühmte Bauten Ramses II lassen sich leider nur schwer datieren.
Anhand der verschiedenen Schreibungen der Namen Ramses II lässt sich eine grobe Chronologie aufstellen:
zum Beispiel schreibt Ramses seinen Namen bis zum Jahr 20 mit Doppel-S, ab Jahr 21 wird das letzte S durch die Binse -Lautwert sw- geschrieben.
Weitere Änderungen und Varianten seiner Titulatur möchte ich hier nicht weiter erläutern.
Weitere berühmte Denkmäler Ramses II findet man in den den beiden berühmtesten und größten Tempeln Nordägyptens: in Memphis und Heliopolis.
Leider sind von diesen beiden Tempeln, die neben dem Amuntempel von Karnak, die mächtigsten Ägyptens darstellten, nur noch Ruinen erhalten.
Die Aktivitäten der zweiten Hälfte der Regierungszeit Ramses II sind im wesentlichen von Bauprojekten in Nubien und von zahlreichen Sed-Festen geprägt.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf meine Partnerseite, die Homepage von Sen-nefer verweisen, die sich u.a. intensiv mit diesem Thema beschäftigt:
Zusammenfassend kann man wohl behaupten, daß es kaum einen Ort in Ägypten gibt, in dem man nicht auf irgendeinem Denkmal die Titel und Namen Ramses II findet.
Kurze Beschreibungen zu den -hoffentlich- meisten Orten, an denen sich Spuren seiner Aktivitäten gezeigt haben oder immer noch zu besichtigen sind, sind in dem 'Lexikon der Bauten' zu finden!
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