Die Große Königliche Gemahlin Nefertari![]() Titel: Jr.jt-pa.t, Königsgemahlin, Große Königliche Gemahlin, Herrin der beiden Länder, Herrscherin von Ober- und Unterägypten, Herrscherin über alle Länder, Gottesgemahlin |
Nefertaris Herkunft liegt im Dunkeln, weder die Namen ihrer Eltern noch ihre Heimatstadt sind bekannt. |
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![]() Jr.jt-pa.t, groß an Lob Große Königliche Gemahlin Herrin der beiden Länder Nefertari Merit-en-Mut |
Wenn man nun bedenkt, daß diese Titulatur das politische bzw. religiöse Programm eines Herrschers ausdrücken sollte, so ist dies bei der Namensgebung der ersten GKG Ramses II. ebenfalls anzunehmen: Eine Nefertari (Ahmes-Nefertari, die Mutter Amenophis I.) war die Stammutter der 18. Dynastie und wurde zusammen mit ihrem Sohn als Schutz- und Orakelgottheit im thebanischen Raum verehrt. Mag sein, daß auch Nefertari die Rolle einer Stammutter in dieser noch recht jungen Dynastie übernehmen sollte. Die Beinamen des Herrscherpaares unterstellten diese zusätzlich dem Schutz des göttlichen Paares von Theben und ebenso wie diese als Reichsgötter an der Spitze des ägyptischen Pantheons standen, so herrschten Ramses und Nefertari als deren irdische Vertreter über das Land Ägypten. |
Nefertari erscheint schon im ersten Regierungsjahr Ramses II. bei offiziellen Anlässen an seiner Seite, was durch eine Szene im Grab TT 157 des Hohepriesters Nebwenenef von Karnak belegt wird, der in einer Inschrift von seiner Amtseinsetzung durch den Pharao berichtet und das Herrscherpaar sogar abbilden lässt. | ![]() |
![]() Statuenbasis aus Bahtim bei Heliopolis nach Schmidt/Willeitner, Nefertari, S. 46 |
Weitere bekannte Monumente der Königin stellen ihr wunderschönes Grabmal QV 66 im Tal der Königinnen dar, das für seine farbenprächtigen Malereien bekannt ist, aber für Besucher geschlossen wurde. Ein virtueller Besuch der Räumlichkeiten, um wenigstens einen Eindruck von der Anlage zu erhalten, ist möglich bei osirisnet.net (der auch sonst sehr empfehlenswerten Homepage von Thierry Benderitter). |
Weitere Darstellungen Nefertaris Die Abbildungen Nefertaris zeigen das Ideal einer ramessidischen Königin, über ihr wirkliches Leben und ihren Charakter wissen wir jedoch nichts. Auch ob die viel propagierte große Liebe zwischen Ramses II. und seiner Gemahlin wirklich bestanden hat, ist nicht nachweisbar. Ihre Epitheta, die dafür als Beweis herangezogen wurden, entsprechen jedoch konventionellen Formeln, die den ewig jugendlichen Liebreiz einer Frau und ihre Weiblichkeit betonen sollten. Diese sind in der Form eines Gedichtes nach einer Inschrift an der Innenseite des ersten Pylons von Luxor von Siegfried Schott veröffentlicht worden: |
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Die Fürstin, reich an Lob, Herrin des Liebreizes, |
![]() Darstellungen Nefertaris an den linken Unterschenkeln zweier Kolossalstatuen Ramses II. links bzw. rechts vom Tordurchgang des zehnten Pylons von Karnak Als sicher jedoch kann gelten, daß Nefertari eine gewisse politische Bedeutung gehabt haben muß; möglicherweise, weil sie tatsächlich Thebanerin bzw. Oberägypterin war und sich die aus dem Delta stammende Königsfamilie durch die Vermählung Vorteile versprach bzw. eine engere Verbindung zum Süden erreichen wollte. Daß Nefertari offensichtlich nicht nur im Kult bzw. in religiösen Bereichen ihre Rolle ausfüllte, sondern durchaus Anteil an der Politik ihres Gatten nahm, zeigt die von ihr eigenständig geführte Korrespondenz mit der hethitischen Königin nach dem Friedensschluß mit Hatti im Jahr 21. Der Brief ist auf einer Tontafel in Keilschrift verfasst und im Staatsarchiv von Hattuscha aufbewahrt worden: ![]() Stele des Hekanacht, Königssohn von Kusch, in Abu Simbel Während im oberen Register der König und die Prinzessin einer Göttertriade (Amun-Ra und Re-Harachte mit einer namenlosen Göttin -vermutlich Hathor von Ibschek- in der Mitte) opfernd zu sehen sind, erscheint im unteren die Gestalt Nefertaris ebenfalls sitzend mit einem Anchzeichen in der Hand (was auf ihren göttlichen Status hinweist), der der Königssohn von Kusch, Hekanacht, huldigt. Nefertaris Name und ebenso ihre Titel (!) -Große Königliche Gemahlin und Gottesmutter- sind in Kartuschen geschrieben, jedoch wird Merit-Amun nicht als Königsgemahlin oder Große Königliche Gemahlin bezeichnet, sondern nur als Königstochter. Da Nefertari nach diesem Ereignis im 24. Regierungsjahr Ramses II. nicht mehr abgebildet wird und auch beim ersten Hebsed des Königs nicht in Erscheinung tritt, muß sie wohl in diesem Zeitraum verstorben sein. Beigesetzt wurde sie in ihrem prächtigen Grab im Tal der Königinnen, in dem man noch minimale Reste ihrer Grabausstattung aufgefunden hat, wie z.B. der Deckel einer Holzschatulle mit der Aufschrift Osiris GKG Nefertari Merit-en-Mut; Bruchstücke des Sarkophagdeckels aus Rosengranit; Deckel eines bunt bemalten Holzkästchens mit Inschrift; 34 Uschebtis aus Holz mit einem Überzug aus dunklem Harz, die als Inschrift das 6. Kapitel des Totenbuches tragen; ein Paar geflochtene Sandalen aus Palmbast; kleine Bruchstücke von Gold- und Silberblechen mit Nefertaris Namen; Djed-Pfeiler (Amulette) mit Inschriften sowie drei Djed-Pfeiler-Fragmente, eine Amphore und das Stück eines mumifizierten Beines - ob es sich aber um ein Teil der Mumie Nefertaris handelt, ist nicht zu klären. Die Reste ihres Grabschatzes befinden sich heute im Museo Egizio in Turin, dessen damaliger Direktor Ernesto Schiaparelli das Grab 1904 entdeckte. |